sabato 5 ottobre 2019

Gießen: Mahnwache zum bundesweiten "Aktionstag der Psychiatrie-Toten" - Veglia per i morti in psichiatria

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Bei einer Mahnwache am Kugelbrunnen zum bundesweiten "Aktionstag der Psychiatrie-Toten" kritisieren Aktivisten die "Verhältnisse in geschlossenen Anstalten". Beklagt wird, dass psychisch Erkrankte von der Gesellschaft ausgegrenzt würden. 

 

GIESSEN - "Pippi Langstrumpf hätte ich weggesperrt." Politaktivist Jörg Bergstedt von der "Projektwerkstatt Saasen" berichtete bei einer Mahnwache am Kugelbrunnen, er wisse von zwei namhaften Psychiatern, die eine solch "irrsinnige Aussage" getroffen hätten. Seit 19 Jahren erinnern Betroffene und Unterstützer am 2. Oktober an die "wenigen sichtbaren und umso mehr unsichtbaren Toten in und durch Allgemeinpsychiatrien, Forensiken und Heimen". Protestiert wird zugleich "gegen die Verhältnisse in geschlossenen Anstalten und Heimen". Erst diese Woche thematisierte ein Politmagazin unwürdige Zustände in der Psychiatrie der Frankfurter Uniklinik.
In der Sendung wurde dabei auch kritisiert, dass die "Besuchskommissionen", die jährlich einmal die Psychiatrien kontrollieren sollen, ihren Besuch meist vorher anmeldeten. Jule Melara, eine der Initiatorinnen der Aktion in Gießen bedauert, dass psychisch Erkrankte von der Gesellschaft ausgegrenzt würden. "Damit man das nicht sieht. Sie werden mundtot gemacht. Und man lässt sie nicht an der Gesellschaft teilhaben." Überhaupt fährt Melara schwere Geschütze auf: "Medikamente werden gegen den Willen dieser Menschen eingesetzt - auch nicht hinlänglich erforschte." Beklagt wird, dass man nicht darüber rede, "die Akten nicht zugänglich" seien. 
Karla vom "Spättreff Wohnzimmer" aus Wetzlar, einer Selbsthilfegruppe Psychiatrieerfahrener, las einige erschütternde Geschichten vor. Zum Beispiel über einen 29-jährigen Bekannten, der Suizid begangen hatte.
Jörg Bergstedt vertritt die Ansicht, dass die Menschen viel früher "abgefangen" werden müssten. Dies könne durch kleine Stationen mitten in der Stadt und durch Streetworker geschehen. Wenn die menschliche Krise sich zu einer Krankheit entwickelt habe, sei es oft zu spät. Die Isolierung bewirke oft ein Gefühl der Hilflosigkeit und schüre Ängste. In seinem "Praxishandbuch Maßregelvollzug" habe selbst der damalige Chef der Psychiatrie Gießen/Haina geschrieben, dass eine Behandlung in Freiheit besser "klappe" als in Gefangenschaft.
In einem Flyer fordern die Aktivisten, alle Fixierungen, Zwangsmedikamentierungen und Isolierungen zu beenden. Verlangt wird darüber hinaus eine schriftliche Dokumentation und Begründung aller sogenannten "Besonderen Sicherungsmaßnahmen", einschließlich der vollen Akteneinsichts- und sofortiger Beschwerdemöglichkeiten für die Betroffenen. Außerdem müssten Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten "ohne Wenn und Aber" in Kliniken, vor Gutachtern und vor Gericht voll anerkannt werden.

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